pfingstprojekt 2001 – hintergrund
von hanjo
die idee
die kohte – behausung, pardon, bezeltung zu sipplingszeiten, schnell
hochgezogen und in windeseile vollgestopft mit iso-matten und schlafsäcken,
eben noch aufgeräumt, fliegen schon bald gummibärchen und chips, in tüten
oder ohne durchs zelt, müffelnde socken und anderes finden ihren weg
ins pubertäre chaos. gemütlich, gewiss, aber wer schielte nicht mit
einem auge in die jurte und schleppte oft seinen schlafsack hinüber ins
gemeinschaftszelt, um am feuer zu schlafen, träumte von dem tag, an dem
er in der rover-jurte seine lagerstatt hätte?
dann die rover-jurte: vom kleinen ins große zelt, vom sippling zum
gruppenleiter, von der sorglosen teilnahme zur planenden verantwortung,
zeit zum durchatmen nur beim kaffee im küchenzelt. und je länger man
dabei ist, desto mehr das sehnen zurück in die behaglichkeit, die
geborgenheit des kleinen zeltes.
die kohte ist das ursprüngliche zelt der sami, der ureinwohner lapplands in
nordskandinavien. ein mensch namens tusk brachte diesen zelt-kosmos nach
deutschland, in den zwanziger jahren des letzten jahrhunderts, soviel könnte
dem pfadfinder bekannt sein.
aber, wenn man tagein, tagaus in einem vergleichsweise kleinen zelt mit
einer großen familie lebt – und nicht nur ein pfingst- oder bundeslager
lang – schleifen sich bestimmte regeln und gebräuche ein, um das
zusammenleben aller so reibungslos wie möglich zu gestalten. in der
sami-kohte fliegen keine gummibärchen umher, alles hat seinen festen
platz, sogar die einwohner. und in fast 75 jahren kohte in der deutschen
jugendbewegung mag noch das eine oder andere hinzugekommen sein…
daraus entstand die idee, einmal für ein lager eine kohte als wohnkohte,
also als küchen-, schlaf- und gemeinschaftszelt gleichzeitig
einzurichten und zu benutzen und sich dabei ein bisschen an alten sitten
und techniken zu orientieren. wenn ich’s recht bedenke (und in meinen
fahrtenchroniken blättere), hegte ich eine solche idee seit meiner
ersten lapplandfahrt im jahre 95.
nun, manche ideen reifen lange und es sollte erst im januar 2001 sein, als
christoph und ich herausfanden, dass wir ganz ähnliche pläne
schmiedeten. und weil alt-pfadfinder oft nur reden, und vor so vielen
anderen sachen kaum noch zum machen kommen, gaben wir uns gleich einen
ruck und setzten uns pfingsten als rahmen und termin. ganz fest.
wir
als dritter mann, neben chris und mir, war flo noch dabei. der stamm, so
stellte sich heraus, freute sich, dass wir mit aufs pfingstlager kämen,
wir konnten also mit den planungen beginnen. das war im februar auch
schon bitter nötig, denn wir schafften es geradeso, bis anfang juni
zwei planungstreffen klar zu machen. schließlich steckt jeder in seinem
beruf, nicht am selben ort, hier noch ein urlaub, dort noch ein umzug,
um es kurz zu machen: wenn ein alt-rover sagt, er plant etwas, dann muss
man schon mit einem halben jahr vorlauf rechnen (so entsteht auch diese
dokumentation sehr spät, aber sie entsteht) – außer natürlich, man
ist berufsjugendlicher, findet seinen platz im leben nicht und hängt
noch ständig im stamm rum. genau das wollten wir aber nicht sein: wenn
wir mit aufs pfingstlager kämen, würden wir mit der lagerorganisation
und dem hauptprogramm nichts zu tun haben. wir würden schlichtweg unser
ding machen, in erster linie für uns, erst in zweiter linie für den
stamm.
warum machen wir das also? »ich möchte das verfeinern und
verbessern, was mir persönlich wichtig ist«, sagte chris beim
ersten planungstreffen. und wenn ich irgendwann einmal herausgefunden
habe, ob ›emendo quod mihi interest‹ die annähernd
korrekte lateinisch entsprechung ist, könnte das in ein runden-wappen
eingang finden. jener satz ist nämlich, finde ich, eine sehr schöne
definition von ›stil‹.
konzept
der stamm war uns, wir schon erwähnt, zunächst unwichtig, und zwar aus
zwei gründen: zum ersten wollten wir kein programm für den stamm
machen, sondern für uns. wir möchten nämlich nicht als ›alte säcke‹
dem stamm unsere ideen oktroyieren, das heißt: aufzwingen, sondern
einfach zeigen und anbieten: kommt und guckt, greift euch etwas ab, wenn
es euch interessiert! wenn nicht, auch nicht schlimm. aber kommen und
gucken müsst ihr schon selbst, wir zerren euch nicht!
der zweite grund war weniger ideologisch: zum zeitpunkt unseres ersten
planungstreffens gab es noch keinen netzplan seitens des stammes, in den
wir unser programm hätten integrieren können.
brauchen wir denn überhaupt einen netzplan? nein, brauchen wir nicht: wir
bauen eine wirklich gute kohte auf, wir richten sie ein, dann sind wir
wohl mit dem kochen überm feuer beschäftigt, ein paar neue lieder
bringen wir uns noch vorher bei, nur eine handvoll, die dann aber auch
sicher und gut rüberkommen – wie gesagt: verfeinern, was uns wichtig
ist – und bei allem können sipplinge und rover bei uns reingucken, im
zelt sitzen, einen tee aus dem alten samowar sich gezapft bekommen, klönen,
singen oder nur ins feuer gucken.
falls wir dann noch viel zeit gehabt hätten, wäre eine offene langzeit-ag
unsere wahl gewesen. wir wollten nämlich an einem selbstgebauten
webstuhl flickenteppiche, für die zelteinrichtung, weben (lassen). dazu
ist es jedoch nicht gekommen, weil erstens das wetter nicht so klasse
war, zweitens ein teil des samstages für die wiederherstellung des
undichten samowars draufging und drittens auch das
einrichten und kochen an sich uns fast völlig ausfüllte.
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erstellt 2001, 2003

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