Acht Pfadfinder vom Stamm Waldreiter reisen der Sonne hinterher und gehen wandern im Baskenland. Und baden im Atlantik.
"Dangereux" seien die leute, die hinter der Müllverbrennungsanlage campen. Es ist dunkel, in großer Hitze sind die Pfadfinder vom Aéroport Pau Pyrénées ins Industriegebiet gelaufen und suchen nun einen Platz zum schlafen. Sie sind zu acht, sie sind mit einem schwarzen Baumwollzelt ohne Boden und mit Rauchloch in der Decke auf Fahrt in Südfrankreich im Baskenland, und jetzt wollen zwei besorgte Müllmänner auf nächtlicher Einsatztour die Pfadfis mit Händen und Füssen vorm vermeintlichen Verderben retten und schlagen vor, lieber mal in die entgegengesetzte Richtung zu gehen, alles andere sei Selbstmord. Aber wohin? Stammesführer Peter Treu (19) nehmen sie mit auf eine kleine Erkundungstour. Schließlich gehen sie nächtens noch einen Umweg und durch das Industriegebiet hindurch. Zwei jagen am nächsten Tag noch einmal zurück zum Flughafen, die Gitarre wurde in Stansted als Handgepäck deklariert aber von leicht begriffsstutzigen Mitarbeitern in der outsized luggage area einfach mal aufs Band geworfen und abtransportiert, keine Chance, aber das ginge schon in Ordnung. "Ging es aber natürlich nicht, die Gitarre ging verloren", so Alessandra Kötzler (18). Während die Gruppe also unter Palmen unterhalb des Boulevard des Pyrénées wartet, wird die nachgeflogene Gitarre mit einigem finanziellen Aufwand gerettet. Mit der Bahn geht es weiter nach Cambo les Bains. Auf dem Bahnhof wird der neue Jingle der staatlichen Bahn gefeiert, eine temporeichen Mischung aus Tönen und gesungenem "Dam-Dam-Da-Da!" - fantastique!
Des Nachts wird neben den Bahngleisen und einem Feld gelagert, von dem morgens eine Handvoll rote, Chili-ähnliche Schoten geerntet werden. Dann geht es raus aus der Stadt, nach einem ersten Anstieg wird gerastet in einer Art Park unter Platanen und groß gewachsenen Eichen. Um den Berg bemerken sie erst einen, bald ein Dutzend riesiger Greifvögel. In Pau waren es noch Soldaten, die in hübscher Regelmäßigkeit und Anzahl aus Militärmaschinen Richtung Autobahn sprangen.
Uuml;ber ansehnliche Hügel geht es erst ein Stück auf der Wanderroute G8, übernachtet wird in einem Tal auf dem Campingplatz einer alten Dame, bei der der Preis dankenswerter Weise selbst ausgesucht werden kann: Der Standardtarif mit Mikrowelle und Dusche scheint unnötig und überzogen. Die Kohte wird aufgeschlagen auf einem Bett aus Zitronenmelisse, ein wunderbarer Duft lässt beanspruchte Füße und damit zusammenhängende Gerüche vergessen. Nachts quieken Schweine wie sterbende Schafe. Ansonsten ruhig. Am nächsten Morgen fährt die alte Dame für die Pfadfinder geschwind in umliegende Dörfer, um Busverbindungen Richtung Meer herauszufinden. Sieht nicht gut aus, in Cambo les Bains würde etwas fahren, aber daher kommen die acht, dahin zurück geht nicht, "wäre ja auch langweilig" , so Oliver Rahn (17).
Also weiter! Nach Espelette, wo mehr über die Schoten in Erfahrung gebracht wird: Es handelt sich um Piment, für das Espelette berühmt ist. Die Häuser der Stadt hängen voller Piment, das so in der Sonne trocknet und später zu Pulver und Pasten verarbeitet wird. Frisch essen geht natürlich auch, und so ergänzt es unsere Speisen vorzüglich. "Also, scheiße scharf war es, aber gut, denn Nudeln in natriumglutamatfreier Gemüsebrühe können das vertragen" sagt Thomas Weiß (20).
Die Nacht wird im Schatten eines Chateaus verbracht, diesmal ohne die Wanderkohte hochzuziehen: Das Wetter ist gut. Die von zu Hause mitgebrachten Hölzer für Kreuz und Mittelstange bleiben am Rucksack.
Noch in der Dunkelheit besteigt die Fahrtengruppe den Schulbus nach Saint Jean de Luz. Um kurz nach zehn stehen sie am Strand und wenig später sind sie auch schon im Atlantik. Der Preis für eine Übernachtung auf einem der zahlreichen Campingplätze am Strand übersteigt auch bei fallenden Blättern und Temperaturen die Schmerzgrenze der Pfadfinder, mehr als vier Euro pro Person, das ist in der Fahrtenkasse nicht drin. Richtung Gautharie finden sie schließlich einen kleinen Strand, an dem sie übernachten können, unbehelligt. Wasser gibt es neben der Dusche, an der sich öfters Surfer waschen: "Habt Ihr hier übernachtet?", will einer wissen, als er die Pfadis morgens zähneputzend antrifft. Dann sagt er noch, die Wellen seien großartig, stößt einen begeisternden Schrei ob eines kühnen Ritts einer seiner Surferkollegen aus und rennt auch schon gen Wasser.
Zwei Nächte bleiben sie, dann geht es früh morgens nach Gautharie und mit der Bahn über Biarritz, Bayonne zurück nach Pau.
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Dieser Artikel ist im "Waldreiter" erschienen.